Am 5.Januar nahm ich abends, bei immer noch ekligen 37 Grad, eine Strassenbahn von der Southern Cross Railway Station in Melbourne runter zum Station Pier, von dem aus die „Spirit of Tasmania“-Faehre nach Tassie abfahren wuerde.
Um 20.40 Uhr, mit 20 Minuten Verfruehung, legten wir ab und fuhren durch die Dunkelheit ueber den Port Melbourne zur Tasmanischen See hinaus, waehrend Melbournes naechtliche Skyline sich immer weiter zu entfernen schien. Abends erkundete ich noch ein bisschen das Schiff und kaufte mir im Touristeninformationsbuero (ja, sowas gibt’s da!) einen National Parks Pass fuer Tasmanien. Dann versuchte ich, ein bisschen zu schlafen, was auch relativ gut ging.
Um 5.20 Uhr morgens weckte mich eine schnarrende Stimme aus dem Lautsprecher, die die Uhrzeit ankuendigte und uns darueber informierte, dass wir um 6.10 Uhr in Devonport eintreffen wuerden. Einerseits dachte ich, Mist, ich wollte doch bis halb sieben schlafen, da planmaessige Ankunft um 7 Uhr sein sollte. Andererseits war ich aber auch froh ueber die Verfruehung, da um 7.45 Uhr mein Bus abfahren wuerde und man mir gesagt hatte, zum Aussteigen solle ich 45 min einkalkulieren, da ich durch die tasmanischen Quarantaene-Kontrollen muesste. Ich erwartete also in etwa so etwas wie bei der Einreise nach Australien am Flughafen von Sydney. Doch die tasmanischen Quarantaenekontrollen waren der Witz: statt der angekuendigten Sniffer-Beagles fragte mich nur eine Frau, ob ich Obst, Gemuese oder Pflanzen dabeihaette. Ich verneinte und durfte Tasmanien betreten.Es war erst 6.45 Uhr, und somit hatte ich noch eine Stunde bis zur Abfahrt des Tassie-Link-Busses. Diese verbrachte ich im Terminal und zog mir schonmal meine Wanderklamotten an.
Im Gegensatz zum 38 Grad heissen Melbourne war es in Devonport richitg kuehl und windig (15 Grad). Das hatte ich schon morgens auf der „Spirit of Tasmania“ festgestellt, als ich auf dem Oberdeck von den „roaring fourties‘-Winden herumgeschubst wurde und mir der Milchschaum vom Cappuccino wegflog.
Am Devonport Info Centre musste ich umsteigen und nochmal eine halbe Stunde auf den Bus zum Cradle Mountain Visitor Centre warten . Eine Tasche hatte ich gleich mit dem ersten Bus nach Hobart weitergeschickt, mit all dem Kram, mit dem ich mich auf dem Overland Track nicht schleppen wollte. So sass ich nur mit meinem grossen Rucksack (mit so wenig Gepaeck wie lange nicht mehr) und bekleidet mit Leggins, Shorts, Gaiters, Wanderstiefeln, langaermligem Thermo-Unterhemd, T-Shirt, Windjacke und Regenhose im Nieselregen und wartete auf den Bus. Obwohl das ja fuer 15 Grad verhaeltnismaessig dick angezogen ist fror ich etwas. Nach 8 Monaten auf dem australischen Festland aber wahrscheinlich auch kein Wunder:-)
8.30 Uhr. Der TassieLink-Bus faehrt puenktlich in Devonport ab. Wir fahren ins tasmanische Huegelland hinein, die Wolken haengen unglaublich tief. Ab und zu schauen Bergspitzen oben raus, es sieht sehr schoen aus. In historisch wirkenden Sheffield machen wir eine Pause an einer Baeckerei. Ich esse einen Apfel-Zimt-Muffin,das letzte Frische fuer eine Woche. Gegen 10.30 Uhr erreichen wir den Eingang des Cradle Mountain NP. Direkt hinter der Parkgrenze kreuzt ein Schnabeligel die Strasse, schonmal ein guter Anfang!
Im Visitor Centre checke ich ein und bekomme meinen Overland Track-Pass. Die Wettervorhersage sagt Regen ab dem Nachmittag voraus. Ich hoffe, davor an der ersten Huette, meinem Tagesetappenende, anzukommen, und steige in den kostenlosen Shuttlebus ein, der mich noch ca 5 km weit in den Park hineinbringt, zum Ronny Creek Car Park.
Dort trage ich meinen Abmarsch ins Logbuch ein und beginne gegen 11 Uhr meine Reise auf dem Overland Track durch die Wildnis Tasmaniens.
Das schwerste in meinem Rucksack ist das Essen. Meine Verpflegung fuer die naechste Woche sieht folgendermassen aus: 1 Packung Reis, 1 Tuete Polenta, 1 Tuete Haferflocken, 1 Tuete Instant-Kartoffelpueree, 1 Tuete getrocknete gruene Erbsen, 4 Tuetchen Suppenpulver, 3 Paeckchen 2-min-Noodles, 20 Teebeutel, 1 Packung Pumpernickel (!!!), 2 Packungen Knaeckebrot, 1 „Glas“ (aus Plastik) Honig, eine Packung Schmelzkaeseecken, 8 Muesliriegel, 1 Sesamriegel, 1 Pck Walnuesse, 1 Pck Paranuesse, 1 Pck Cashew-Kerne, 3 Tafeln Schokolade und Gewuerze.
Am Anfang fuehrt der Track ueber einen ordentlichen, gut gebauten Holzbohlenweg, bevor er beginnt, anzusteigen. Noch bin ich die Einzige mit einem grossen Rucksack, die anderen sind alles Tagesausfluegler. Trotzdem habe ich bald die meisten ueberholt. Bereits nach einer halben Stunde stehe ich am Ufer des wunderschoenen, von alpinen Bergen umrundeten Crater Lake.
Der Weg steigt weiter an, wir muessen heute rauf aufs Cradle Plateau. Ein Stueck ist richitg steil, man muss Felsen hinaufklettern. Zum Glueck gibt es ein Drahtseil, an dem ich mich hochziehe. Die Wolken haengen sehr tief, trotzdem ist der Ausblick klasse. Endlich mal wieder Berge!
Am Marions Lookout, schon fast oben auf dem Plateau, mache ich Pause, wie viele andere Wanderer auch. Dann geht es weiter. 15 Minuten nach Passieren der urigen Kitchen Hut, die heute nur noch tagsueber benutzt werden darf, bin ich oben auf dem freien, weiten, ungeschuetzten Cradle Plateau.
Die Wolken verdichten und verdunkeln sich in rasanter Geschwindigkeit, hier oben bin ich dem Wetter schutzlos ausgeliefert. Schliesslich beginnt es erst leicht, dann bald staerker an zu regnen. Sofort ziehe ich Regencape und -hose an. Auch der Wind frischt auf. Einige Boen sind so stark, dass ich ins Taumeln gerate. Der grosse Rucksack scheint als Windfang zu fungieren.
Langsam geht es leicht bergab. Ich lerne meine erste Lektion: Regen kann schoen sein, und Wandern im Regen kann sehr viel Spass machen. Auch ein Regencape kann im Regen sicher recht nuetzlich sein. Aber hier im Wind ist es eher ein Aergernis. Es flattert um mich herum , statt den Regen abzufangen.
An einer besonders holprigen und steinigen Stelle schaue ich direkt nach unten auf den Weg, um keinen falschen Schritt zu machen, als sich ploetzlich nur einen Meter vor mir etwas bewegt, etwas recht grosses. Ich erschrecke ein wenig, und sehe dann aber, dass es ein Wombat ist! Gleich am ersten Tag! Es steht mitten auf dem Weg, frisst in aller Ruhe und laesst sich durch mich ueberhaupt nicht stoeren.
Schliesslich geht es treppenstufenartig bergab. Auch hier, wie an vielen anderen Stellen zuvor, laeuft man eher in einem Bach statt auf einem Weg. Gegen 16 Uhr erreiche ich die Waterfall Valley Hut, meinen ersten Uebernachtungsort. Sonst ist noch niemand da. Ich haenge meine nasse Kleidung auf und ziehe mich um. Nach und anch kommen mehr Wanderer an, all die, die den Overland Track am selben Tag angefangen haben wie ich. Die Huette fuellt sich, und ich belege einen Platz auf einer der oberen Holzplattformen mit meiner Isomatte.
An diesem Abend lerne ich die meisten der anderen Wanderer kennen. Bis auf 2 Berlinerinnen sind nur Australier dabei. Klasse!:-)
Abends gibt es Suppe mit Reis, und es macht auch Spass, den anderen beim Kochen zuzusehen. Neben der Huette aest friedlich ein sehr goldiges Bennetts Wallaby.
Silke schrieb am 29.10.2008:
Schöner Bericht, hat mich an meine eigene Wanderung erinnert. Leider sind die Fotos etwas durcheinander geraten und passen nicht zu dem Tag über den berichtet wird.