Beim Aufstehen, wie ueblich gegen halb sieben, haengen die Wolken sehr tief. Neiiiin! Verzieht euch bitte, ich moechte doch auf den Gipfel des Mount Ossa! Naja, erstmal fruehstuecken und auf den Pelion Gap rauf, bis dann kann es ja ganz anders aussehen.
Gegen 8 Uhr komme ich von der Huette los. Der Weg zum Pelion Gap geht recht steil bergauf. Ich mache oft kurze Pausen. Bei einer Muesliriegel-Pause ueberholt mich sie super family aus Queensland mit den langen Beinen: Vater, Mutter und 4 Kinder zwischen 15 und 21, die alle riesig sind und mit ihren langen Beinen unglaublich schnell laufen:-)
Nach ca 1 1/2 Stunden stehe ich auf dem Pass, dem pelion gap. Dort laedt die super family gerade ihre Rucksaecke ab. Ich tue dasselbe und packe alles Wichtige in meinen kleinen Rucksack: Esen, Trinken, Regenzeug, Muetze, Kamera. Rechts von uns ragt nur ein Berg auf, an dessen Gipfel ab und an Wolken vorueberziehen. Das muss er sein, und so sehr hoch ist er gar nicht. Ich laufe los, und anfangs ist der Weg toll, sehr angenehm und nur maessig ansteigend. Das aendert sich bald, es wird steiler, felsiger, und auf halber Strecke fuehrt der weg um den berg herum. Nanu, das ist ja komisch, warum geht’s nicht direkt hinauf? Da taucht ploetzlich vor mir ein anderer Berg auf, ein viel hoeherer. Das ist dann wohl der Mount Ossa! Oh, dann dauert’s aber doch noch etwas, bis ich da oben bin! Der Weg ist recht steil, serpentinenartig und felsig, und wieder taucht ein neuer, ein hoeherer gipfel auf. Ahhh!
Es ist bewoelkt und frisch, ehrlich gesagt, schweinekalt. Ich habe meine Windjacke bis zum Kragen geschlossen und meine Muetze aufgesetzt. Der Blick ins Tal ist wunderschoen. Ploetzlich stehe ich vor einer hohe, recht glatten steilen Felswand. Das muss das letzte Stueck sein! Ich muss richtig die Felsen hochklettern. Es macht Spass, ist aber auch sehr anstrengend.
Dann bin ich oben!!! Ich stehe auf einem mich ans Felsenmeer erinnernden Gipfelplateau. Auf einem grossen Felsen sitzt die super family, ich suche mir einen anderen aus.
Der Blick ist atemberaubend, die Schoenheit der landschaft wird von hier oben nochnmal mehr deutlich. Ich mache viele, viele Fotos… Ab und zu pfeift eine eisige Windboe uebers Plateau, aber wenn die Sonne bei Windstille zwischen den Wolken hervorkommt, ist es richtig warm.
Nach und nach kommen mehr Wanderer an: erst Opa Hoppenstedt, der wie ein junges Reh von Felsen zu Felsen huepft, und dann noch meint, er wuenschte, er sei noch so beweglich wie ich, und dann die Maennergruppe von Walter.
Ich klettere auf den hoechsten Felsen, den „richtigen“ Gipfel, was mir von Royce den Spitznamen „mountain girl“ einbringt, da ich einen glatten, recht schraegen Felsen hinaufmuss und man sich mit den Fingern in einer kleinen Spalte festkrallen muss:-)
Ich bleibe ca 2 1/2 Stunden oben und geniesse es, das Gefuehl, auf dem Dach Tasmaniens zu stehen, die Aussicht, die Kletterei auf den Felsen. Wir koennen den Cradle Mountain und Barn Bluff sehen, am Beginn des Tracks, und zur anderen Seite in der Ferne den Lake St Clair, an dem unsere Reise enden wird. Beim Abstieg treffe ich andere aus unserer „Familie“.
Vom Pelion Gap geht es nun bergab zur Kia Ora Hut, unserem Nachtlager. Wissend, dass es nur 4,5 km sind geht es recht zuegig, auch wenn die Wanderstiefel mit jedem Tag enger zu werden scheinen. Bei einer kurzen Pause im Moor sehe ich, wie sich eine tiger snake davonschlaengelt. Fuer einen Moment klopft mein Herz schneller, diese Schlange ist doch recht giftig. Es gibt nur 3 Schlangenarten auf Tassie, und alle 3 sind giftig.
Neben der Kia Ora Hut fliesst der Kia Ora Creek ins Tal. An diesem nachmittag schwimme ich im perfektesten Badeloch ueberhaupt: unterhalb eines Wasserfalls in dessen kleinem, ruhigen „plunge pool“. Meine Wanderklamotten sind in der Sonne schon wieder getrocknet. Da es wunderbar warm ist, lege ich mich auf die Terrasse der Huette und lasse mich trocknen. Doch sobald die Sonne hinter der Huette verschwindet wird es kuehl.
Nach dem Abendessen fordert Walters Team alle auf, auf der Terrasse das beliebte australische Spiel „broom“ zu spielen. Da wir keinen Besen haben nehmen wir einen Wanderstock. Es ist sehr sehr lustig, wir sind alle nur am Lachen (bis man selbst an der Reihe ist… 🙂 Und vor allem, durch die Bank weg sind Leute jeden Alters dabei. Das Spiel ist simpel, eigentlich ziemlich bescheuert, aber macht unglaublich viel Spass. Das kommt dann auf euch zu, wenn ich wieder in Deutschland bin:-)
Im Anschluss wird der Wanderstock zur Limbostange umfunktioniert und alle machen mit… herrlich.
Abends ueberlege ich, ob man diese australischen Spiele auch in Deutschland spielen koennte, und ob in so einer gemischten Gruppe auch alle dabei waeren.
Zwei aus Walters Gruppe schlafen im Zelt – da dieser fieserweise Brotkrumen drumherum gestreut hat werden die beiden die ganze Nacht von Possums und Wombats wachgehalten und stolpern gegen 3 Uhr in die Huette: „some bastard put food around our tent and the platform is full of possums and wombats!“
P.S.: Nachmittags hatten wir von der „commercial group“, der gefuehrten Wandergruppe, die abends in privaten Huetten schlafen, 3-Gaenge-Menues gekocht bekommen und abends warm duschen, frisches Brot geschenkt bekommen… frisches Brot!!! Sie dafuer von uns den Namen „pretenders“… Diese privaten Huetten sind verdammt gut versteckt, obwohl sie auf der karte eingezeichnet sind und ich immer versucht habe, sie zu erspaehen, war ich jedes Mal erfolglos.