Wer in Australien als citizen oder als permanent resident lebt, braucht keine deutsche Auslandskrankenversicherung mehr. Allerdings ist das australische Versicherungssystem etwas anders als das in Deutschland. Wie ist man versichert und lohnt es sich weiteren privaten Schutz in Anspruch zu nehmen?
Medicare – die staatliche Krankenversicherung
In Australien bezahlt jeder Steuerzahler eine sogenannte Medicare levy. Es werden 1.5% des zu versteuernden Gehalts einbehalten, um davon die oeffentliche Krankenversicherung, genannt Medicare, zu zahlen. Im Vergleich zu Deutschland ist das natuerlich fast nichts. Jedoch sollte man beachten, dass Medicare nicht direkt mit den deutschen gesetzlichen Krankenkassen zu verlgeichen ist.
Aehnlich wie in Deutschland ist aber auch hier das Versicherungssystem sehr komplex. Medicare zahlt in manchen Faellen alle Kosten, in vielen Faellen aber nicht.
Beispielsweise uebernimmt Medicare den Grossteil der Kosten fuer den Besuch bei einem general practitioner (GP – also ein allgemeiner Hausarzt), geht man aber zu einem Spezialisten werden nur 85% der Kosten uebernommen. Aehnliches gilt fuer Krankenhausaufenthalte, wobei es hier nochmal darauf ankommt, ob man in einem oeffentlichen Krankenhaus behandelt wird oder in einem privaten Krankenhaus. Ausserdem kommt es darauf an, ob man eine private Krankenversicherungen hat oder nicht, denn dann werden die Kosten nochmal anders aufgeteilt. Hinzu kommt die Frage, ob der behandelnde Arzt die normalen „MBS Fees“ (Medicare Benefits Schedule fee) verlangt oder teurer ist (was oft vorkommt).
Es gibt auch jede Menge Ausnahmen je nach Art der Behandlung. Zahnarztbesuche koennen so sehr teuer werden, da nur sehr wenige Kosten von Medicare uebernommen werden. Bei bestimmten Operationen wie z.B. das Entfernen der Weissheitszaehne, kann es desweiteren zu langen Wartezeiten von Wochen oder Monaten (je nach Akutheit) kommen und es muessen teilweise Kosten uebernommen werden. (Das Abschliessen einer privaten Krankenversicherung kann diese Wartezeiten auch verkuerzen)
Besucht man einen Arzt in Australien gibt es auch unterschiedliche Arten, wie man dafuer zahlt. Bietet der Arzt sogenanntes bulk billing an, zeigt man nur seine Medicare Karte vor und die Rechnung wird direkt „an den Staat“ geschickt (gesetzt den Fall, dass alle Kosten uebernommen werden). In anderen Faellen muss man die Rechnung selbst zahlen und kann dann spaeter bis zu 85% von Medicare zurueckfordern.
Krankenwagen- und Notarzttransporte koennen uebrigens sehr teuer werden, da dies wiederum Dinge sind, die nicht von Medicare uebernommen werden.
Na, habe ich euch jetzt komplett verwirrt? Es ist leider so undurchsichtig. Nach und nach gewoehnt man sich daran. Auch wenn Australien stolz darauf ist, eine allgemeine Grundversicherung fuer jeden anbieten zu koennen (was 1000 Mal besser als z.B. das System der USA ist), im Vergleich zu Deutschland ist man nicht ganz so gut abgesichert. Klar, in Deutschland bezahlt man dafuer einen grossen Preis, im wahrsten Sinne des Wortes.
Grundlegende Infos zu Medicare gibt es auf der offiziellen Medicare Website oder bei Wikipedia.
Auch wenn es nicht moeglich ist, sich 100% abzusichern, gibt es auch in Australien ueber private Krankenversicherungen Wege und Moeglichkeiten, die Risiken von hohen Behandlungskosten zu reduzieren.
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Private Krankenversicherungen in Australien
Anstatt viele kleine Zusatzversicherungen bei mehreren Anbietern in Australien abzuschliessen, bieten die meisten privaten Versicherer unterschiedliche Pakete von geringem Leistungsumfang bis all-inclusive. Wie auch in Deutschland gilt es, sich hiermit intensiv zu beschaeftigen und sich das Paket herauszusuchen, das das beste Preis/Leistungsverhaeltnis und im Notfall guten Schutz bietet.
Grundsaetzlich bieten die privaten Versicherer Hilfe in folgenden Kategorien/mit folgenden Serviceleistungen:
- Hospital Cover (Krankenhausaufenthalte)
(Teilweise oder komplette) Uebernahme der Kosten fuer Krankenwagentransport, kuerzere Wartezeiten bei OPs, Uebernahme von Kosten fuer besondere Behandlungen (z.B. komplizierte Augenoperation) und Arzneimittel, Chefarztbehandlung, Einzelzimmer, Wahl des Krankenhauses, Zugang zu privaten Krankenhaeusern usw.) - General and Special Treatments/Extras Cover (allgemeine und spezielle Behandlungen)
(Teilweise oder komplette) Kostenueberrnahme fuer Zahnarztbehandlungen, Sehhilfen, Physiotherapie, Psychotherapie, Akupunktur, Massagen usw., Kuerzere Wartezeiten bei bestimmten Behandlung usw. - Both (beide der o.g.)
Es ist zu Beginn recht schwierig sich mit den vielen Worten und Begriffen der Versicherer zurecht zu finden und die vielen Bestimmungen, Gesetze und Vertraege wirklich zu verstehen. Viele der Versicherungsanbieter haben Filialien in groesseren Staedten. Es lohnt sich, dort einen Termin zu machen. Logischerweise wird dort versucht euch eine Versicherung zu verkaufen, also lasst euch nicht direkt auf einen Vertragsabschluss ein, sondern fordert Infos an und lasst euch eure Fragen beantworten.
Ich selbst bin seit einigen Monaten Mitglied bei der privaten Krankenversicherung Medibank (nicht zu verwechseln mit MediCARE). Dort habe ich einen Basic-Schutz abgeschlossen. Fuer cirka $70 im Monat bekomme ich:
- Kostenuebername von Krankentransporte/Notfalltransporte
- Zugang zu privaten Krankenhaeusern und Aerzten
- Teilweise Kostenuebernahme von bestimmten Behandlungen, die durch Medicare nicht abgedeckt sind
- $300 bis $750 im Jahr fuer extras wie z.B. Zahnbehandlungen, Akupunktur, Massagen, Osteopath, Physiotherapien usw.
Eine umfangreiche Liste aller privater Versicherungsanbieter gibt es auf der staatlichen Website privatehealth.gov.au. Dort koennen Anbieter und Leistungsumfang verglichen werden. Eine kommerzielle und daher nicht ganz neutrale Seite ist iselect.com.au. Hier kann man sehr uebersichtlich verschiedene Anbieter vergleichen. Jedoch kann man auch davon ausgehen, dass die Seite diejenigen Versicherer bevorzugt, bei denen sie am meisten Provision abkassieren.
Sollte ich eine private Versicherung abschliessen?
Die Kosten fuer eine sehr einfache private Versicherung sind im Vergleich zu Deutschland recht gering. Wer nicht Mitglied im hiesigen Automobilclub ist, sollte sich einen Privatschutz schon deshalb besorgen, da ein Krankenwagentransport schnell einige Tausende Dollar kosten kann. Ausserdem kann man durch den Abschluss einer Privatversicherung Steuerverguenstigungen erhalten.
Wie bei jeder Versicherung ist es wichtig, den genauen Umfang und die exakten Bedingungen seines Tarifes zu kennen. Privater Schutz ist zu empfehlen, bedeutet aber nicht, dass gleich alles uebernommen wird. Australien darf stolz auf seine oeffentliche Krankenversicherung sein, denn das ist in vielen Laendern noch eine Traumvorstellung der aermeren Bevoelkerung. Beschaeftigt man sich allerdings intensiv damit, wird einem klar, dass man in Australien in den meisten Faellen das Krankenhaus nicht ohne persoenliche Zusatzzahlungen verlaesst – oft auch mit privater Krankenversicherung.
Wir Deutschen sind es gewohnt, dass 99% aller Behandlungskosten – ohne ueberhaupt die Rechnung gesehen zu haben – vom den gesetzlichen Versicherern uebernommen werden. In Australien ist es hingegen ganz normal, dass man auch beim Arzt erstmal ueber Geld spricht und dass in vielen Faellen nach der Behandlung nicht „Gute Besserung“ sondern die Kreditkarte gewuenscht wird.
K. Brach schrieb am 27.05.2009:
Da hast du in der Tat recht. Aber ich habe ja zu Beginn des Artikels erwaehnt, dass ich mich hier auf „citizen oder permanent residents“ beziehe. Aber danke nochmal, dass du das klarstellst. 🙂
Das Thema ist sehr komplex und dieser Artikel kratzt nur an den „Basics“.