Wer an eine Auswanderung nach Australien denkt, hat entweder eine australische Liebe gefunden oder ist auf der Suche nach einem besseren Leben. Im zweiten Fall stellt sich die Frage, ob das Leben Down Under wirklich „besser“ als in Deutschland ist.
Natürlich ist eine solche Beurteilung immer ein großes Stück weit subjektiv, es gibt aber auch einige harte, messbare Fakten, anhand derer man Deutschland und Australien direkt aneinander messen kann. In diesem Artikel versuche ich, die beiden Länder anhand statistischer Daten gegenüberzustellen, um euch die Entscheidung der Auswanderung etwas zu erleichtern.
Faktor 1: Kriminalität
Eines der absoluten Grundbedürfnisse des Menschen ist Sicherheit für sich selbst und seine Familie. Sie ist der Nährboden, auf dem Wohlstand und Entwicklung fußen.
Australien hatte im Jahr 2014-15 bei einer Bevölkerungszahl von 24 Mio. genau 411.686 Straftaten zu verzeichnen. Das entspricht einer Kriminalitätsrate von 1,69%.
In Deutschland wurden unter den 82 Mio. Einwohnern 6 Mio. Straftaten gezählt. Damit liegt die Kriminalitätsrate bei 7,2%.
Es lässt sich also sagen, dass Australien in Bezug auf die Straftaten um einiges sicherer als Deutschland ist.
Faktor 2: Demographie
Dass in den Industrieländern ein immer kleiner werdender Anteil an jungen Menschen für immer mehr Rentner aufkommen muss, ist ja nichts Neues. Die Problematik wird sich in Zukunft noch zunehmend verschärfen – Pech, wenn man dann zur noch arbeitenden Bevölkerung zählt.
Die Relation Alt-Jung ist daher für die persönlichen finanziellen Verhältnisse ein wichtiger Faktor.
In Australien arbeitet 61,5% der Bevölkerung. Der Wert liegt damit um einiges höher als in Deutschland, das auf 56,7% kommt.
Down Under sind heute 22,7% der Bevölkerung aufgrund ihres Alters wirtschaftlich abhängig von der arbeitenden Bevölkerung. Dieser Wert ist im Vergleich zu Deutschland hervorragend: Dort beträgt der Anteil mit 32,7% fast eineinhalb mal so viel.
Nun stellt sich natürlich die Frage, wie sich die Demographie in der Zukunft entwickeln wird – und auch hier hat Australien wieder die Nase vorn: Im Jahr 2061 werden voraussichtlich 22% der Bevölkerung 65 Jahre und älter sein. Der Anteil der unter-15-Jährigen wird ca. 17% betragen.
In Deutschland ist das bereits heute der Fall! Bis zum Jahr 2060 wird sich der Anteil der über-64 Jährigen in Deutschland auf ziemlich genau ein Drittel (33%) der Gesamtbevölkerung erhöhen! Die unter-20 Jährigen machen dann nurnoch 16% aus.
Man kann also ohne Übertreibung sagen, dass Deutschland in Zukunft eine Nation der Rentner sein wird und Australien erst im Jahr 2061 eine Altersverteilung haben wird, die der aktuellen Verteilung in Deutschland entspricht – und das, obwohl die Lebenserwartung in Australien mit 82,4 Jahren höher liegt als in Deutschland (80,9 Jahre).
Ein Grund für die jüngere Bevölkerung Australiens ist sicherlich die mit 1,93 Geburten höhere Geburtenrate (Deutschland: 1,38).
Daneben spielt aber auch das Einwanderungssystem eine große Rolle, mit dem das Land jedes Jahr hunderttausende Migranten ins Land holt.
Eine erfolgreiche Migrations-Strategie ist sicherlich einer der wichtigsten Faktoren für die Zukunftsfähigkeit eines Landes.
Faktor 3: Migration
Im Idealfall schaffen gut ausgebildete Einwanderer neue Jobs und tragen durch ihre Steuerabgaben zum Wohlstand des Landes bei.
Australien scheint die Auswahl der Einwanderer gut zu gelingen: Die Arbeitslosenquote von Migranten lag im November 2013 bei 7,0% – verglichen mit der in Australien geborenen Bevölkerung, die auf einen Wert von 5,4% kommt, ist das nur wenig mehr und ein guter Wert.
Für Deutschland standen leider nur Zahlen aus dem Jahr 2009 zur Verfügung. Demnach waren 19,1% der Migranten arbeitslos, im Vergleich zu 8,3% der Deutschen.
Anmerkung: Wenn ihr eine aktuellere Statistik findet, postet sie gerne in den Kommentaren, dann ergänze ich die Infos an dieser Stelle!
Der Hauptgrund für diese Lücke bei der erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt liegt sicherlich in der Auswahl der Migranten. Australien legt hier mit seinem Punktesystem deutlich strengere Maßstäbe an.
Faktor 4: Arbeit
Einen Großteil unseres Lebens verbringen wir auf der Arbeit. Im Optimalfall bleibt vom Gehalt am Ende möglichst viel Netto vom Brutto übrig. Hier einen fundierten Vergleich anzustellen ist natürlich extrem schwierig, da die Daten immer von den individuellen Verhältnissen abhängen. Ich versuche aber dennoch, hier ein möglichst brauchbares Beispiel durchzurechnen.
Das Durchschnittsgehalt in Australien beträgt 59.900 AU$ vor Steuern. Auf dieses Gehalt würde eine Einkommensteuer i.H.v. 11.014 AU$ fällig werden (entspricht 18,38%).
Dazu kommen Sozialabgaben von ca. 7,5%, nämlich 5,5% Payroll Taxes sowie 2% Medicare (Krankenversicherung), also 4.492 AU$.
Die Besonderheit in Australien ist dabei, dass Rentenbeiträge entfallen, da diese („Superannuation“) vom Arbeitgeber noch zusätzlich auf den normalen Lohn draufgezahlt werden.
Das Schöne an der Superannuation ist, dass die eingezahlten Beträge quasi „in ein Sparschwein gesteckt“ und angelegt werden, und man dann im Alter die Beiträge ausgezahlt bekommt. Die Regierung kann also nicht, wie in Deutschland, die Rentenbeiträge der jungen Generation als Wahlgeschenke an die Rentner verschleudern.
Unterm Strich kommen wir also auf eine Gesamtbelastung von 25,89%.
Im Falle Deutschlands beträgt das Durchschnittsgehalt 35.000 Euro. Bei Stkl. 1 ohne Kinder liegt die Einkommensteuer für dieses Gehalt bei 5.690 Euro oder 16,25%.
Hinzu kommen dann nochmal 7.236 Euro Sozialabgaben.
Es ergibt sich dadurch eine Gesamtbelastung von 36,93%.
Man kann also behaupten, dass vom Gehalt in Australien ein ganzes Stück mehr übrig bleibt als in Deutschland.
Es drängt sich dabei natürlich die Frage auf, ob solche verhältnismäßig niedrigen Ausgaben nicht auch eine schlechtere Qualität im Bereich Gesundheit und Bildung bedeuten. Darauf geben euch die nächsten beiden Punkte die Antwort.
Faktor 5: Bildung
Gerade wenn Auswanderer relativ jung sind und in Australien eine Familie gründen wollen, rückt natürlich das Thema der Qualität der Bildung in den Vordergrund.
Im Pisa-Test 2009 wurde u.a. untersucht, wie viele Schulkinder zum obersten Leistungssektor im Fach Mathematik zählen. Der oberste Leistungssektor ist dabei vergleichbar mit einem „sehr gut“ bei sechs Schulnoten.
Von den australischen Schülern erreichten 3,30% das oberste Segment, in Deutschland waren es 2,60%.
Schaut man sich die australische Gesamtbevölkerung an wird deutlich, dass mit 41,90% ein Großteil der erwachsenen Bevölkerung (zwischen 25 und 64 Jahren) über einen Hochschulabschluss verfügt, wohingegen der Anteil in Deutschland mit 27,06% weitaus geringer ist.
Ein Grund dafür ist wahrscheinlich, dass in Deutschland viele eine Ausbildung in Industrie oder Handwerk absolvieren. Man kann daher nicht pauschal sagen, dass Deutschland im Bereich Bildung „schlechter“ wäre.
Auffällig ist, dass im Vergleich des im unteren Drittel angesiedelten Bildungsstands Deutschland dann auch besser abschneidet als Australien: Während bei uns nur 13,10% eine Schulbildung auf Hauptschul-Niveau haben, sind es Down Under 22,90%. (Stand 2014)
Faktor 6: Gesundheit
Ein gutes Gesundheitssystem sollte eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten ermöglichen und auch für alle Menschen zugänglich sein. Zu wissen, dass man in guten Händen ist, wenn man einmal von Krankheit betroffen sein sollte, ist essentiell für die Lebensqualität eines Landes.
Zwei verschiedene Gesundheitssysteme objektiv zu vergleichen ist zwar extrem schwierig, ich versuche aber anhand untenstehender Tabelle die 5 wichtigsten Punkte gegenüberzustellen.
Die Bewertung stammt vom Commonwealthfund und umfasste ursprünglich 11 Industrienationen. Neben Australien und Deutschland habe ich zur besseren Orientierung auch noch Frankreich als Vergleichsobjekt dazugenommen.
Je niedriger der Rang des Landes ist, desto besser schneidet es im Vergleich zu den anderen ab.
Australien | Deutschland | Frankreich | |
---|---|---|---|
Gesamt-Wertung (2013) | Rang 4 | Rang 5 | Rang 9 |
Qualität der Versorgung | Rang 2 | Rang 7 | Rang 8 |
Zugang zum Gesundheitssystem | Rang 8 | Rang 2 | Rang 11 |
Effizienz | Rang 4 | Rang 9 | Rang 8 |
Verteilungsgerechtigkeit | Rang 5 | Rang 4 | Rang 7 |
„Gesundes Leben“ | Rang 4 | Rang 7 | Rang 1 |
Definition – Was ist gemeint mit:
Qualität der Versorgung: Ist die Versorgung effektiv, sicher, gut koordiniert und Patienten-fokussiert?
Zugang zum Gesundheitssystem: Der Zugang ist dann gut, wenn Patienten eine bezahlbare Versorgung und Zuwendung für einen angemessenen Zeitraum erhalten.
Effizienz: Es werden die Gesamtausgaben für das Gesundheitssystem in Prozent des BIP gemessen und ins Verhältnis gesetzt zu den Ausgaben, die für Verwaltung und Versicherungen anfallen.
Verteilungsgerechtigkeit: ein guter Wert wird dann erreicht, wenn die Versorgungsqualität unabhängig von persönlichen Charakteristika angeboten wird, z.B. Geschlecht, Ethnizität, Wohnort und sozialem Status.
Gesundes Leben: Das Ziel eines funktionierenden Gesundheitssystem ist es sicherzustellen, dass die Menschen ein langes, gesundes und produktives Leben führen können. Zur Messung dieses Wertes wurden drei Messgrößen bewertet, inkl. medizinisch vermeidbare Sterblichkeit: Tode, die mit rechtzeitiger und wirksamer Behandlung hätten verhindert werden können, Kindersterblichkeit und Lebenserwartung bei guter Gesundheit.
Auch beim Punkt Gesundheit wird also deutlich, dass Australien sich nicht vor Deutschland zu verstecken braucht.
Fazit
Betrachtet man die Fakten, bietet das Leben in Australien eine bessere Perspektive als in Deutschland, insbesondere für junge, gut ausgebildete Menschen. Ob man mit der australischen Kultur und der großen Entfernung zu Europa klarkommt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wer ernsthaft eine Auswanderung in Betracht zieht, kann sich hier über seine individuellen Möglichkeiten beraten lassen.
Tipp für alle Auswanderer oder Leute, die einfach nur gerne ein australisches Bankkonto haben wollen weil sie z.B. ihr Vermögen streuen möchten oder auf den australischen Dollar setzen: Es gibt die Möglichkeit, ein deutsch-australisches „Multi-Währungs-Konto“ online zu eröffnen (sogar kostenlos), mehr dazu in unserem Artikel: Multi-Währungskonto australischer Dollar
Bilder: CC0 Public Domain Lizenz
Rayk schrieb am 10.06.2016:
Hallo P. Winkler,
danke für diese Übersicht. Sie ist sehr hilfreich.
Die Frage der Kaufkraft ist leider nicht beantwortet. Wieviel kann sich der Mustertyp aus „Faktor 4: Arbeit“ am Ende des Monats davon leisten?
Meine Daumenregel ist: Kaufkraftmäßig ist in Australien alles 50% teurer, außer das Wohnen, das ist 100% teurer. Kannst du das bestätigen?
Gruß, Rayk