
Sie ist vielleicht keine klassische Auswanderin, aber Julia Baker hat einen ungewöhnlichen Lebenslauf: Geboren 1969 in Brisbane kam sie mit drei Jahren ins bayrische Inzell, lebte dann eine Zeitlang im englischen Leeds, ehe Heilbronn in ihrer Jugend ihr Zuhause wurde. Seit 1994 lebt Julia wieder in Australien und hat ihr Leben dort komplett neu aufgestellt. Aus der gelernten Bäckerin und Konditorin ist eine Schlangenfängerin geworden, die in Deutschland sogar eine eigene TV-Show hat.
Hallo Julia, stell dich doch einmal kurz vor…
Julia: „Hallo, mein Name ist Julia Baker. Ich bin 56 Jahre alt und lebe seit 1994 in Australien, wo ich auch geboren bin. Meine Schulzeit und Ausbildung habe ich zu großen Teilen in Deutschland verbracht, wo mein Vater herkommt.“
Was hast du in Deutschland gelernt?
Julia: „Ich habe zuerst eine Bäckerlehre in Heilbronn gemacht und danach noch eine Lehre zur Konditorin in Frankfurt. Im Anschluss bin ich wieder nach Australien gegangen und habe in Sydney in verschiedenen Luxushotels gearbeitet.“
Das ist aber nicht das, was du aktuell in Australien so machst…?
Julia (lacht): „Nein, überhaupt nicht. Ich bin 2000 aus der Gastronomie ausgestiegen, weil ich gemerkt habe, dass das nicht das Richtige für mich ist. 2006 habe ich mich dann schockverliebt – in eine Schlange. Ich war 36 Jahre alt und hatte vorher noch nie mit Schlangen zu tun. Aber im Australia Zoo konnte man damals Fotos mit Schlangen machen. Als ich dort anstand und wartete, hörte ich, wie die Leute um mich herum über die Schlange sprachen. Sie nannten sie hässlich und eklig. Ich war aber sofort fasziniert und habe mir die Schlange um den Hals gelegt und geweint.“

Weil du Angst hattest?
Julia: „Nein, weil mich die Schlange an mich selbst erinnert hat. Als der Python damals um meinen Hals lag, musste ich an mich denken. Mich mochten früher viele nicht, ich wurde oft falsch eingeschätzt, weil ich ein bisschen pummelig war und nicht gut in der Schule. In diesem Moment gab es viele Parallelen zwischen der Schlange und mir, weil wir beide mit Vorurteilen zu kämpfen hatten. Sie ist vielleicht nicht süß, aber sie hat einen Wert und ist gut, wie sie ist – egal ob Menschen sie schön finden oder nicht.“
Was hat diese Begegnung bei dir verändert?
Julia: „Es hat noch ein paar Jahre gedauert. Mit 40 habe ich mich von meinem ersten Mann getrennt und stand da mit zwei kleinen Töchtern und fühlte mich wie eine Verliererin. Aber ich habe mir gedacht, man ist nie zu alt, um etwas Neues zu lernen. Ich habe mir dann meine erste eigene Schlange gekauft. Die habe ich immer noch – sie liegt seit ihrem Tod bei mir im Gefrierschrank, weil sie so ein tolles Tier war und für so viel steht, was jetzt mein Leben ist.“
Und das wäre?
Julia: „Ich habe 2010 die Ausbildung zur Schlangenfängerin gemacht. Seitdem arbeite ich als Schlangenfängerin, mache aber vor allem Shows, in Schulen oder Kindergärten, in denen ich den Kindern die Angst vor Schlangen nehmen möchte. Oft wird die Schlange als das Böse schlechthin dargestellt und zum Beispiel in den Nachrichten ein schauerliches Bild von Schlangen gezeichnet. Daher stärke ich in den Shows und auch mit der Sendung bei DMAX die Sensibilität für Schlangen. Denn nicht jede Schlange will einen beißen, nicht jede ist giftig und gefährlich – oft werden sie einfach missverstanden und verbreiten Angst und Ekel. Wir sollten uns alle mehr der Natur zuwenden und uns auf unsere Wurzeln besinnen. Denn je weniger wir über etwas wissen, desto unheimlicher oder gefährlicher schätzen wir es ein.“
Wie reagierst du, wenn jemand anruft, der eine Schlange in seinem Haus gefunden hat?
Julia: „Natürlich sage ich den Leuten, dass sie vorsichtig sein sollen, denn man weiß nie, ob die Schlange gefährlich ist oder nicht, weil sich viele Leute irren und gar nicht genau wissen, was für eine Schlange sie vor sich haben. Natürlich sind viele Schlangen sehr, sehr gefährlich, daher muss man sich extrem konzentrieren, wenn man eine Schlange fangen will.“ (Lese-Tipp auf unserem Blog: Gefährliche Tiere in Australien – Verhaltenstipps!)
Ist es da nicht kontraproduktiv, wenn gleich ein ganzes Kamerateam bei deinen Einsätzen dabei ist?
Julia: „Nein, das haben wir von vornherein geklärt. Das Team begleitet mich zwar, ist aber nie im Weg und so gut wie unsichtbar bei den Einsätzen. Das hat schon in der ersten Staffel gut geklappt und bei den Dreharbeiten zur zweiten Staffel noch besser.“
Was zeigt ihr in den Folgen?
Julia: „In der ersten Staffel zeigten wir viele Einsätze in Brisbane, wo ich lebe. In der zweiten Staffel gehen wir auf einen Roadtrip. Das war ein echtes Abenteuer, aber es hat mir viel gebracht, weil ich mich so weiterbilden konnte. Weiterbildung ist in diesem Job eine ganz wichtige Lebensversicherung. Ich musste selbst das Gift einer King Brown melken und habe eine Western Brown Snake gesehen, die bei uns nicht so oft vorkommt. Und ich habe gelernt, was ich bei einer Begegnung mit einem Krokodil tun muss, die es auch am Rand meines Einsatzgebietes gibt. Bei einer Schlange würde ich einfach regungslos stehen bleiben – das ist bei Krokodilen keine gute Idee und kann im schlimmsten Fall tödlich enden.“

Wie läuft ein typischer Tag bei dir in Brisbane ab?
Julia: „Typisch gibt es nicht. Auch für mich ist es immer wieder ein Abenteuer. Jeder Tag ist anders. Ich bestimme meine Arbeitszeiten selbst – das ist das Gute an dem Job. Aber meist kommen die Anrufe sehr früh am Morgen, wenn die Menschen zur Arbeit fahren. Oder dann am Nachmittag, wenn sie von der Arbeit wieder nach Hause kommen und einen ungebetenen Gast vorfinden. Aber ich bin auch schon direkt vom Friseur zum Einsatz gefahren oder habe in voller Uniform zu Hause gewartet und nichts passierte.“
Es klingt, als hätte sich mit deinem Umzug nach Australien auch dein Leben zum Besseren gewendet. Gibt es dennoch etwas, das du an Deutschland vermisst?
Julia: „Es hat auch in Australien ein wenig gedauert, aber man ist eben nie zu alt, um seiner Leidenschaft nachzugehen. Und ja, es gibt einige Dinge, die ich an Deutschland vermisse: Fasching, Weihnachten oder Wirtschaften – die Feste, die Leute zusammen feiern. In Australien haben zwar die meisten Leute viel Platz, sitzen aber trotzdem oft allein zu Hause. Die Ausgehkultur in Deutschland ist da eine andere – und die genieße ich dann, wenn ich mal wieder meine Familie besuchen komme.“
Wenn ihr mehr über Julias Arbeit in Brisbane und die Schlangenwelt Australiens wissen wollt, könnt ihr das ab 14. Mai immer mittwochs um 22:15 Uhr bei DMAX tun. Alle Folgen von „Die Schlangenfängerin – Gefahr Down Under“ gibt’s auch auf DMAX.de zu sehen.