Nachdem nun in vielen Zeitungen und auf Webseiten über die veränderten Visum-Bedingungen bei der Einwanderung nach Australien gesprochen wurde, und ich natürlich mit diesem Thema in der Vergangenheit auch einige Erfahrung gemacht habe, möchte auch ich mich dazu kurz äußern.
Als ich vor circa fünf Jahren mit meinem Studentenvisum nach Australien gekommen bin und meinen Kurs im Business und Tourismusmanagement begonnen habe, war das private College, bei dem ich mich eingeschrieben hatte, gerade dabei wie wild zu expandieren. Innerhalb von nur wenigen Monaten eröffnete man alleine in Melbourne drei neue Campusse, die alle dazu dienten internationale Studenten in den Berufen „Koch“ und „Friseur“ auszubilden. Auf den ersten Blick fragt man sich natürlich, wieso gerade in Australien so viele das Kochen und Haare schneiden erlernen möchten. Wenn man sich dann etwas näher mit der Einwanderungspolitik beschäftigt hat, wird klar, dass (ich würde behaupten) 90% der Studenten, die diese Kurse besuchen und dafür zwischen $20.000 und $30.000 zahlen, eigentlich nur an dem Erwerb des Dauervisums interessiert sind.
So ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten fünf Jahren private Colleges, die Koch und Friseur im Kursangebot hatten, nur so aus dem Boden gesprossen sind. Ohne dies auf der Webseite oder in Broschüren klar deutlich zu machen, war jedem bewusst, dass man mit einer Investitionen in einen solchen Kurs mit fast 100 prozentiger Sicherheit das so sehr ersehnte Dauervisum erhalten würde.
Nun sage ich nicht, dass dies prinzipiell schlecht ist. Jeder der bereit ist einem so hohen Geldbetrag auszugeben, hat sich ein Visum in diesem Land verdient – schließlich macht die Regierung, und natürlich noch viel mehr die private Schule, damit jede Menge Kohle. Betrachtet man diese Regelung allerdings aus Sicht der Einwanderungspolitik, die ja damit versucht die fehlenden Arbeiter zu finden um Australien weiter voranzutreiben, so kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass dieses Konzept gescheitert ist.
Keine der Studenten, die ich während meiner Zeit an der Schule kennen gelernt hatte, arbeiten nun in dem Beruf, in dem sie für teures Geld ausgebildet wurden. Sobald man sein Visum in der Tasche hat, ist man frei von irgendwelchen Bedingungen und kann in Australien dem nachgehen, was einen wirklich interessiert (was ja im Grunde genommen nett ist).
Abgesehen davon, dass Australien auf diese Weise nicht die Löcher im Arbeitsmarkt stopfen kann, führt es dazu, dass viele qualitativ minderwertige Schulen Kurse anbieten, nur um Studenten das Geld aus der Tasche zu ziehen, da sie genau wissen, dass der Kurs selbst keine hohe Erwartungen erfüllen muss. Gleichzeitig verschwenden Abertausende an internationalen Studenten ihr Geld (oder oftmals das ihrer Eltern), indem sie ein Fach studieren, das ihnen längerfristig wenig bringt.
Ein Artikel bei der Tagesschau veranschaulicht auch den Umfang des Problems sehr gut. Zig Tausende von Studenten haben nun eine Menge Geld für einen Kurs gezahlt, der ihnen im Endeffekt nur eine rote Zahl auf dem Konto gebracht hat. Australien verweigert ihnen jetzt die Option der Einwanderung und sagt „danke für euer Geld, aber wir brauchen euch nicht mehr!“.
Die Änderungen des Immigration Departments kommen daher für mich nicht unerwartet – ich war eher überrascht, dass es so lange gedauert hat, bis sie selbst eingesehen haben, dass die bisherige Regelung überhaupt nichts bringt. Leider haben sich aber auch keine gravierenden Verbesserungen ergeben, die darauf hoffen lassen, dass es bei der Einwanderung fairer zugeht.
Grundsätzlich finde ich, dass bei jeder Einwanderung, bei der die persönlichen Fähigkeiten und die berufliche Ausbildung zur Frage stehen, es zu einem persönlichen Gespräch kommen müsste, bei dem der Antragsteller die Chance hat sich zu präsentieren und der Einwanderungsbehörde klarzumachen, wieso ausgerechnet er/sie einen wirtschaftlichen und kulturellen Gewinn für Australien darstellt.
Außerdem wäre es sinnvoll die Einwanderer in den ersten 12-24 Monaten etwas zu begleiten. Einerseits sollte man mehr Aufwand betreiben um die frischen Einwanderer besser zu integrieren, andererseits würde eine solche „Probezeit“ für den Staat eine Gelegenheit darstellen um zu prüfen, ob die ursprünglichen Voraussetzungen für die Einwanderung auch wirklich erfüllt werden (ob derjenigen/diejenige auch wirklich in seiner/ihrer Branche arbeitet).
Inwiefern sowas umsetzbar ist, lässt sich natürlich schwer abschätzen. Momentan ist es jedenfalls so, dass der Antragsteller und sein Migration Agent mit allen möglichen Mitteln versuchen den Staat davon zu überzeugen, dass er „Einwanderungs-würdig“ ist. Meiner Meinung nach, sollte der Staat mit den Migration Agents zusammenarbeiten, um die vielen Einwanderer beim Einleben und bei der Jobsuche zu unterstützen (wenn notwendig auch finanziell, denn wenn man so gezielter die Joblöcher stopfen kann, zahlt sich das ja längerfristig auch für den Staat aus).
Ich möchte an dieser Stelle nochmal auf den Kommentar von Giselher unter dem Artikel „Als Koch in Australien arbeiten“ hinweisen.
Babel schrieb am 12.02.2010:
Und was ist mit den Studenten die gerade mitten in ihrem Studium sind? Die mit dem Gedanken an ein Visum noch angefangen haben? Ist bestimmt ein harter Schlag. Alle die sich jetzt für ein Studium entscheiden wissen es ja… oder sollten es wissen.