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Als ehemaliger Backpacker und Student in Australien weiss ich, dass man als Jugendlicher erstmal gegen die Vernunft der Eltern ankämpfen muss, um ihnen die Idee, eine längere Zeit in Australien zu verbringen, verkaufen zu können. Jugendliche haben nun mal eine Menge idiotischer und unrealistischer Ideen, die ständig kommen und gehen. Und Eltern machen sich grundsätzlich Sorgen um das Wohlbefinden, die Sicherheit und die (berufliche) Zukunft ihrer Kinder.
So auch Eva*. Sie hat mir vor wenigen Tagen folgende E-Mail geschickt. Mit ihrem Einverständnis möchte ich auf ihre E-Mail öffentlich Antworten, da ich denke, dass einige Eltern/Jugendliche hier mitlesen, die den Rat und das Verständnis beider Seiten gut gebrauchen können.
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Hallo Kai,
Freundliche Grüße aus Deutschland,
Eva K.
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Meine Antwort wie folgt:
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Liebe Eva,
zuerst eins vorweg: ihr seid nicht alleine! Jedes Jahr reisen zehntausende deutsche Jugendliche nach Australien. Ob als Backpacker (mit einem Work & Travel Visum) oder als Student – ein gewisse Zeit in Australien zu verbringen ist also für viele Jugendliche nicht mehr so ausgefallen, wie das ältere Generationen vielleicht noch empfinden.
Zuerst möchte ich dir den Unterschied zwischen einem Studium und Work & Travel erklären:
Ein Studium in Australien ist in der Tat extrem teuer. In seltenen Fällen werden die Kosten teilweise von einem Stipendium übernommen, allerdings entstehen auch dann noch hohe Kosten für die alltäglichen Dinge. Wer in Australien studieren möchte, muss nicht nur mit Studiengebühren von EUR 3000-10.000 pro Semester rechnen (je nach Uni und Kursart), sondern das Prozedere ist auch recht aufwendig. Neben Visumantrag, Gesundheitstests und dem Papierkram für die Uni muss man auch noch eine längerfristige Unterkunft organisieren, die je nach Standort auch locker noch mal ca. EUR 200-300 pro Woche kosten kann.
Zu beachten ist auch, dass internationale Studenten in Australien nur maximal 20 Stunden pro Woche arbeiten dürfen (und somit nur begrenzt dazuverdienen können), aber so ziemlich IMMER an der Uni anwesend sein müssen. Wer das nicht einhält, fliegt ganz schnell raus und muss das Land verlassen! Abgesehen davon kann es für Leute, deren Englisch noch recht löcherig ist, zu Beginn extrem schwierig sein, sich im englischen Unterricht durchzuschlagen.
In deinem Fall rate ich also von einem Studium ziemlich deutlich ab. Dein Sohn scheint auch nicht wirklich motiviert genug zu sein, das Ganze erfolgreich durchziehen zu wollen.
Unter „Work & Travel“ (oder auch „Working Holiday“ genannt) versteht man ein Visum, das einer Person unter 30 Jahren erlaubt bis zu 1 Jahr (in manchen Fällen auch 2 Jahre) in Australien zu verweilen. Wie der Name schon sagt, ist das Visum dafür gedacht, dass junge Leute in Australien das Arbeiten und Reisen miteinander verbinden. Jedes Jahr kommen hunderttausende Jugendliche aus aller Welt mit diesem Visum nach Australien. Diese Szene hat sich hier mittlerweile sehr gut etabliert und es gibt zahlreiche Arbeitgeber, Unterkünfte und Services, die sich darauf spezialisiert haben, diesen Leuten in Australien zu helfen.
Das Visum hat ebenfalls einige Bedingungen. So darf man z.B. nicht länger als 3 Monate bei einem Arbeitgeber arbeiten und muss sich dann einen neuen Job suchen (was manchmal einfach, manchmal aber auch ganz schön schwierig sein kann). Christof hat zu diesem Thema ein umfangreiches E-Book geschrieben (Work&Travel Australien selbst organisieren), das du bei BackpackerPack bestellen kannst. Auch Open Return Tickets, die richtige Auslandskrankenversicherung und vor Ort Starter Packages kannst Du via BackpackerPack im Baukastenprinzip zusammenstellen. Man kann dort alles alleine organiseren, hat aber trotzdem die Sicherheit, dass die Leute von BackpackerPack einem immer zur Seite stehen, was besonders den Eltern manchmal etwas mehr Sicherheit und ein gutes Gefühl gibt.
Das Ganze ist natürlich auch nicht ohne das notwendige Kleingeld machbar. Für Visum, Flug, Versicherung und ein wenig Startkapital in Australien sollte man schon mit mindenstens EUR 3500-5000 rechnen. Dies reicht natürlich nur für den Start. Sobald man in Australien ist, muss man sich dann recht kurzfristig nach einem Job umschauen.
Du fragst dich jetzt natürlich, was du in deinem Fall deinem Sohn sagen sollst. „Ist mein Sohn im stande so etwas selbst durchzuziehen? Was passiert, wenn er kein Geld mehr hat? Welche Auswirkungen hat das auf sein Studium/seine Karriere?“ usw.
Allgemein gilt: jeder Auslandsaufenthalt wird deinem Sohn in irgendeiner Weise gut tun (das muss nicht Australien sein!). So ziemlich alle Jugendliche, die längere Zeit auf sich alleine gestellt und weit weg von Familie und Freunden sind, lernen extrem wichtige Lektionen im Leben. Er wird mit Heimweh kämpfen, mit Verständigungsproblem und mit der Angst Übermorgen nicht mehr genug Geld auf dem Konto zu haben. Er wird Vorurteile überwinden, Verantwortung für sich selbst übernehmen und neue Freundschaften schließen müssen. Vor allem wird er aber merken, dass die Welt gross ist und dass sie ihm jede Menge Möglichkeiten bietet, die man wohl zuhause nicht bekommt (vor allem nicht, wenn man langweilig und faul ist).
Ich kenne deinen Sohn nicht, daher kann ich nicht beurteilen, ob er für so etwas gewappnet ist. Eltern schätzen da ihre Kinder oft weniger fähig ein, als sie es letztendlich sind. In diesem Fall würde ich dir empfehlen deinem Sohn ein wenig Infomaterial zu besorgen (Work&Travel Infos zum selbst organisieren und dich somit selbst auch ein wenig mit den Grundlagen zu beschäftigen.
Auch wenn es erstmal wenig sinnvoll für seine berufliche Laufbahn erscheint, kann ich dir versichern, dass er seine Zeit in Australien später als die spannendste und hoffentlich hilfreichste seines Lebens beschreiben wird. Neben der Sprache lernt man so viele wichtige Lektionen für’s Leben, dass ich sogar soweit gehen würde zu sagen, dass jedes Kind, das eine längere Zeit im Ausland war, bessere Chancen auf eine gute Karriere und vor allem ein ausgeglicheneres Weltbild hat. Hinzu kommt, dass Firmen heutzutage nicht mehr so stur auf den Lebenslauf schauen, sondern (je nach Laufbahn) ein Jahr im Ausland durchaus positiv bewerten. Mache dir darüber also keine Sorgen. Der Jobmarkt ist im ständigen Wandel und die Dinge werden heute weniger engstirnig gesehen wie noch vor 10 Jahren.
Was die finanzielle Sicherheit angeht, würde ich an deiner Stelle deinem Sohn folgenden Vorschlag machen: wenn er wirklich unbedingt nach Australien will, soll er (entweder neben seinem Studium oder in den Ferien) noch in Deutschland einen Job für 2-3 Monate annehmen, der ihn gut bezahlt. Wenn er es schafft mindestens ca. EUR 4000 zur Seite zu legen, würde ich seine Pläne nach Australien zu gehen unterstützen. Wenn er dies nicht schafft und du davon überzeugt bist, dass es nur eine dumme Idee aus Langeweile von ihm war, hat sich das Ganze erledigt. Eine der Bedingungen für das Work & Travel Visum ist die, dass man schon bei der Einreise ein Hin- und Rückflugticket vorweisen kann. Das hat für dich (und ihn) folgende Vorteile: verbrennt er in Australien zu schnell seine Ersparnisse und findet (aus Faulheit) keinen Job um die Reisekasse aufzubessern, bleibt ihm wohl nichts anderes übrig als seinen Aufenthalt abzubrechen und wieder nach Hause zu kommen. Das Flugticket hat er ja schon. Nach einem Jahr muss er dann sowieso spätestens wieder zurück, sonst rückt ihm die Einwanderer-Polizei auf die Pelle. 😉
Zusammenfassend bleibt zu sagen: Studium nein, Work & Travel ja, wenn er es ernst meint. Beschafft euch weitere Infos und finde heraus, ob er bereit ist, für ein solches Erlebnis vorab Ersparnisse anzulegen. Wenn er das nicht schafft, ist das sein Pech und er hat nur sich Vorwürfe zu machen. Vielleicht solltest du ihm auch sagen, dass, wenn du ihm zuvorkommst, er dir versprechen muss nach der Rückkehr nach Deutschland wieder mit seinem Studium weiterzumachen.
Ihr beide scheint euch öfter in die Haare zu kriegen. Versuche mal einen anderen Weg, setzt euch in Ruhe zusammen und besprecht dies. Wenn er sieht, dass du dir wirklich informiert Gedanken dazu gemacht hast, wird er dies vielleicht zu schätzen wissen und sein Verhalten entsprechend ändern. Wenn nicht, hast du es wenigstens versucht und brauchst dir keine Vorwürfe mehr zu machen. 🙂
Hoffe dies hilft dir weiter! Viel Glück,
Kai
PS: Schaue dir mal dieses Video an. 😉
* Habe den Namen aus Privatsphäregründen geändert
Werbe-Hinweis: Die in diesem Artikel erwähnte/verlinkte Seite „BackpackerPack.de“ ist Teil der BackpackerPack GmbH, zu der auch dieser Blog (Australien-Blogger.de) gehört. Erwähnungen erfolgen in eigenem wirtschaftlichem Interesse, und ist werbliche Kommunikation.
Babel schrieb am 12.01.2011:
Sehr schön beantwortet! (Allerdings darf man neuerdings bis zu 6 Jahre bei einem Arbeitgeber bleiben). Ich denke man sollte genau drauf schließen wieso er hier faul ist, evtl ist es Langeweile vllt. sogar Unterforderung. Und wenn er jetzt ein Ziel hat und die Möglichkeit das durchzuziehen – auf auf 😉