Was jedem europaeischen Besucher in Australien direkt auffaellt, ist die Tatsache, dass man hier nicht in Wohnungen lebt, sondern in Haeusern. Klar gibt es in den Innenstaedten Apartment-Gebaeude mit einzelnen Wohnungen, welche allerdings zu 90% von internationalen Studenten oder Business-Leuten genutzt werden, die nur kurzzeitig in der Stadt sind.
Verlaesst man den CBD (Central Business Disctrict) wird’s direkt flach. Einstoeckige Haeuser so weit das Auge reicht. Nur gelegentlich findet man mehrstoeckige Gebaeude oder alte Warehouses, die in Apartmentkomplexe umgewandelt wurden.
Wenn ich meinen Freunden hier erzaehle, dass ich in einer Wohnung im 2. Stock aufgewachsen bin, schaut man mich manchmal an, als waere man der Sohn eines verarmten Straeflingspaerchens. Denn in Australien hat einfach jeder ein Haus. Ohne Ausnahme sind alle meine Freunde in einem Haus entweder in den Vorstaedten oder in der laendlichen Gegend von Victoria aufgewachsen.
Australien ist gross, das sollte kein Problem sein, richtig? Falsch!
Als am schnellsten wachsende Stadt in Australien kommen woechtenlich mehr als 1000 neue Einwohner in Melbourne hinzu und die Zahl der derzeit insgesamt 3.8 Millionen Einwohner wird sich bis Mitte dieses Jahrhunderts mehr als verdoppeln (man schaetzt auf bis zu 8 Millionen).
Abgesehen von den Auswirkungen, die ein solch explosives Wachstum auf die Infrastruktur, Wasserversorgung, den Umweltschutz etc hat, steht (nicht nur) Melbourne vor dem Problem, wo all diese neuen Einwohner wohnen sollen?!
Jede Stadt kommt irgendwann an seine Wachstumsgrenzen. Melbourne erstreckt sich bereits jetzt auf eine Flaeche, die sich nur noch schwer mit der gegebenen Infrastruktur und den oeffentlichen Transportmitteln erschliessen laesst. (Wasser gibt es ja sowieso nicht genug).
Die Stadtplaner und Politiker stehen daher vor grossen Herausforderungen. Wie ueberzeugt man ein Land, das das Haus als Heiligtum und fester Bestandteil des typisch australischen „laid-back“ Lifestyles ansieht, davon, in eine Wohnung zu ziehen – so ganz ohne backyard und BBQ? Das wird schwierig. Vor allem aber auch deshalb, weil es einfach kein freies Land in City-Naehe mehr gibt, auf dem man grosse Apartment-Gebaeude bauen koennte. Und dort wo noch ein Plaetzchen frei ist, protestieren die Anwohner gegen ein solches Vorhaben, da es das Landschaftsbild zerstoert.
[ad]
Diese traditionellen Haeuser, die oft von den Eltern meiner Freunde selbst fuer unter 100.000 Dollar gebaut wurden, haben heutzutage nicht selten Millionenwert. Der Immobilienpreis ist ueber Jahrzehnte hinweg stetig gestiegen. Dies verwundert natuerlich nicht, schaut man sich die Wachstumsrate von Melbourne als Stadt an.
Als Europaer wuerde ich mich ja mit einem kleinen Apartment zufrieden geben, aber auch fuer eine 2-Bett-Wohnung muss man in den Citynahen Vororten mindesten 350.000 – 400.000 Dollar auf den Tisch legen! Schaue ich mir die geschaetzten Wachstumsraten an, frage ich mich, wer sich in 5-10 Jahren ueberhaupt noch eine eigene Unterkunft leisten kann?
Dietmar schrieb am 12.05.2009:
Kann ich mir ja irgendwie nicht vorstellen, dass es in Australien Platzprobleme geben soll…