Die Weltwirtschaftskrise waere keine Weltwirtschaftskrise, wenn sie nicht auch Australien negativ beeinflussen wuerde. Da ich nun schon mehrmals gefragt wurde ueber die Auswirkungen der Rezension einen Beitrag zu schreiben, hier also mein persoenlicher Eindruck, wie Australien den wirtschaftlichen Zusammenbruch verkraftet hat.
Ähnlich wie auch in Deutschland kann man im alltaeglichen Leben oberflaechlich wenig von der Krise mitbekommen. Die Geschaefte sind weiterhin voll, die Restaurants und Bars gut besucht und auch die Stimmung im Land selbst ist nicht auffallend negativ. Nur die Medien erinnern einen staendig daran, dass da ja was Schlimmes passiert ist. Schauen wir also mal auf die verschiedenen Aspekte der Wirtschaft.
Arbeitslosigkeit in Australien
In meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe ich bisher von fast gar keinen Entlassungen gehoert. Ein Kumpel von mir wurde nach seiner Probezeit nicht eingestellt, da anscheinend das Budget dieses Jahr nicht ausreichen wuerde; eine Freundin hat mir darueber berichtet, dass sie momentan weniger Schichten von ihrem Chef erhaelt (sie arbeitet gelegentlich in einem kleinen Schuhgeschaeft); aber von wirklich drastischen Kuendigungen habe ich in meinem unmittelbaren Freundeskreis noch nichts gehoert.
Natuerlich gibt es in Australien auch Entlassungen aufgrund der Wirtschaftskrise, aber ich wage nun mal zu behaupten, dass sich diese Kuendigungen eher in bestimmten Branchen ereignet haben. Ein Beispiel ist der Mienen-Riese Rino Tinto, der kurzerhand Hunderte von Jobs gestrichen hat. Auch andere Firmen in den manufacturing industries haben in den vergangenen Monaten jede Menge Arbeiter entlassen muessen.
Insgesamt ist die Arbeitslosenquote von 4.30% im August 2007 auf auf 5.80% im August 2009 geklettert. Ein deutlicher aber nicht kritischer Anstieg also.
Einige Backpacker haben berichtet, dass es in den letzten Monaten und Jahren schwieriger wurde einen temporaeren Job zu finden, da anscheinend Firmen momentan australische Arbeiter bevorzugen und auch viele Australier weniger gut bezahlte Alternativjobs annehmen.
Jedesmal, wenn ich Leuten hier von dem Prinzip der staatlich unterstuetzten Kurzarbeit erzaehle, schuetteln sie verstaendnislos, aber begeistert den Kopf und fragen mich, wieso ich ein so soziales Land ueberhaupt verlassen habe.
Da ich selbstaendig bin und auch viele nicht-australische Kunden habe, kann ich die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Australien auf meinen eigenen Job schwer einschaetzen. Ich persoenlich habe jedenfalls nicht weniger Arbeit. 😉
Zinsen und Einzelhandel
Wenn man sich die Umsaetze im Einzelhandel anschaut, fragt man sich, ob ueberhaupt eine Krise stattgefunden hat. Die Zahlen schwanken zwar etwas, aber der Trend zeigt weiterhin in eine Richtung: nach oben.
Auch in den Nachrichten hoert man wenig ueber nachlassenden Konsum. Das „Stimulus-Package“ der Rudd-Regierung im Wert von $42 Milliarden hat auch hier erfolgreich den totalen Zusammenbruch vermieden. (Die meisten Australier wurden mit einem $1000 Shopping-Gutschein von der Regierung verwoehnt)
Auch wenn die Banken mit der Vergabe von neuen Krediten so vorsichtig sind wie nie zuvor, wer jetzt an einen Kredit fuer einen Hauskauf bekommt, der geniesst auch hier in Australien extrem niedrige Zinsen (interest rates). Die „official interest rate“ lag im Maerz 2008 bei 7.25% und liegt momentan (September 2009) bei mickrigen 3%.
Stimmung in der Gesellschaft
Die Australier scheinen der Wirtschaftskrise, wie auch bei vielen anderen sozialen Problemen, recht locker entgegenzutreten. Man redet viel drueber, aber solange man nicht selbst davon betroffen ist, bleibt es beim diskutieren. Beschweren tut mich sich nach guter alter Australien-Manier natuerlich nicht.
Wenn man sich ueber etwas beschwert, sind es eher die weiterhin steigenden Preise. Vor allem in den Grossstaedten werden die Lebenshaltungskosten immer utopischer. Ich selbst kann das nur bestaetigen. Das Zimmer in meiner WG, fuer das ich im Oktober 2006 noch $125 pro Woche (ohne Nebenkosten) gezahlt hatte, kostet den Nachmieter momentan $178. Das ist ein Anstieg von fast 50%.
Diese Steigerung ist aber hauptsaechlich in den Jahren und Monaten vor der Krise entstanden, denn momentan liegt die Inflationsrate bei nur 1.3% und ist damit extrem gering, was fuer stabile Preise zumindest in den kommenden Monaten sorgen sollte. (Quelle)
Insgesamt wuerde ich die Wirtschaftskrise hier als weniger aggressiv beschreiben. Die Nachrichten erinnern zwar staendig daran, aber am alltaeglichen Leben der Australier kann man wenig Veraenderung feststellen. Auf jeden Fall weniger als in Deutschland, denn unter meinem deutschen Freundeskreis sind mindestens die Haelfte aller Leute direkt oder indirekt von der Rezession betroffen.
Die Aussichten fuer die Zukunft sehen auch hier in Australien sehr positiv aus. Auch wenn die Medien nur ungern gute Neuigkeiten ueberbringen, in den Koepfen der meisten Australiern macht sich Enthusiasmus und die Einstellung breit, dass das Schlimmste ueberstanden ist und man nun mit einer Fortsetzung des wirtschaftlichen Wachstums Australiens rechnen kann. So wie man es in den letzten Jahrzehnten gewohnt war.
Vanessa schrieb am 02.10.2009:
freu…